Projektidee
In Zusammenarbeit mit der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern und dem Kulturreferat der Landeshauptstadt München hat der Gehörlosenverband München und Umland e.V. eine Ausbildung zum/ zur Museumsführer*In für taube Bürgerinnen und Bürger und native signers angeboten.
Barrierefreiheit (auch) für taube Menschen?
Im Rahmen der Umsetzung der Behindertenrechtskonvention wurden in vielen Museen bereits Maßnahmen getroffen, um Barrieren für Menschen mit Behinderung abzubauen. Für taube Menschen gibt es jedoch bislang nur sehr wenige Möglichkeiten, obwohl hier ebenfalls zahlreiche Barrieren den Museumsbesuch erschweren, vor allem natürlich im Bereich der Kommunikation. Zwar werden in einigen bayerischen Museen bereits lautsprachliche Führungen für taube Besuchergruppen durch Dolmetscherinnen und Dolmetscher in DGS übersetzt, dabei geht aber viel von der Unmittelbarkeit der Kunst- und Kulturerfahrung verloren. Für diese Besuchergruppe bedeutet gleichberechtigte Teilhabe jedoch auch die Möglichkeit zu haben, Führungen in ihrer Muttersprache, der Deutschen Gebärdensprache, besuchen zu können. Diese stehen in den Museen bislang kaum auf dem Programm. Eine Vorreiterrolle in diesem Bereich nehmen seit vielen Jahren etwa der Museumsdienst Hamburg oder die Bundeskunsthalle in Bonn ein.
Kunst- und Kulturvermittlung in Deutscher Gebärdensprache
Die Deutsche Gebärdensprache (kurz DGS) wurde 2002 offiziell als eigene Sprache anerkannt. Es handelt sich um eine dynamische und lebendige Sprache, die auf einzigartige Art und Weise Gebärden, Mimik, Gestik, Mundbild und Körpersprache kombiniert. Damit schafft sie die Voraussetzung, sich ebenso wie in der Lautsprache über jedes beliebige Thema, komplizierte Sachverhalte und verschiedenste Fachgebiete ebenso wie über Gedanken und Emotionen auszutauschen. Gehörlose sind im Vergleich zu Hörenden sehr visuelle Menschen, die eine eigene Kulturgemeinschaft bilden, mit eigener Mentalität und einer anderen (visuelleren) Wahrnehmung im Gegensatz zu ihren hörenden Mitmenschen. Die Gehörlosenkultur zeichnet sich durch eine hohe Diskussionsfreude aus, was bei einer Führung mit Dolmetschern nur schwierig umzusetzen ist. Spontane Rückfragen oder die gemeinsame Erschließung eines Objekts im Gespräch sind kaum möglich. Daher ist es wichtig und sinnvoll, dass Gehörlose selbst Museumsführungen für ein gebärdensprachkompetentes Publikum anbieten.
Das Projekt „Museum Signers“
Vor diesem Hintergrund haben die Landesstelle, der Gehörlosenverband München und Umland e.V. und das Kulturreferat der Landeshauptstadt München das gemeinsame Projekt ‚Museum Signers – Kunst- und Kulturvermittlung in Deutscher Gebärdensprache‘ initiiert. Eine zusätzliche Förderung erhielt das Projekt durch den Landkreis München. Zwischen Mai und September 2019 wurden zehn taube Bürgerinnen und Bürger ausgebildet, im Sinne des Peer-to-Peer-Prinzips selbst qualitätsvolle Museumsführungen in München und Umland durchzuführen. Der Begriff ‚Museum Signers‘ verweist dabei auf den Begriff ‚Native Signers’ und bedeutet hier, dass die ausgebildeten Vermittlerinnen und Vermittler mit Deutscher Gebärdensprache aufgewachsen sind oder hauptsächlich in ihr kommunizieren. Diese Form der Vermittlung entspricht explizit auch den Ergebnissen einer von der Galerie Bezirk Oberbayern initiierten Umfrage unter tauben Menschen.